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Misstraue Deinem Bauchgefühl.
(Rückseite Kalenderblatt März)


Im Januar habe ich die Theorie des Denkens in zwei Systemen vorgestellt. Das schnelle Denken ist immer aktiv, nimmt ständig Impulse auf, beurteilt sie und trifft intuitive Entscheidungen. Die Aufgabe von System 2, dem langsamen Denken, ist es, die Entscheidungen von System 1 kritisch zu hinterfragen und ggf. zu korrigieren – bevor sie umgesetzt werden.
System 2 ist jedoch träge und energieintensiv. Es lässt sich nur schwer aktivieren. Deshalb überlassen wir System 1 gerne die Entscheidung, vor allem dann, wenn etwas plausibel erscheint und sich gut anfühlt. Der bereits im Januar vorgestellte Daniel Kahneman führt das auf unser Streben nach „kognitiver Leichtigkeit“ zurück. In der Entscheidungsforschung spricht man auch von „emotionaler Beweisführung“ – etwas fühlt sich gut an, also stimmt es auch.
Im Rahmen einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit formulierten Kahneman und der amerikanische Psychologe Gary Klein unter welchen Voraussetzungen, man sich auf seine Intuition beim Treffen von Entscheidungen verlassen kann.

Ich möchte diese Voraussetzungen an einem konkreten Beispiel verdeutlichen, auf das ich in einer Studie von Gary Klein gestoßen bin. Im Rahmen dieser Studie untersuchte er die Entscheidungen von Einsatzkräften der Feuerwehr und ging der Frage auf den Grund, welchen Einfluss die Intuition spielt. Ein Beispiel:
- Der Einsatzleiter der Feuerwehr führte seine Crew in das brennende Haus. Der Brandherd schien sich im hinteren Teil des Hauses zu befinden. Also richtete die Crew ihren Wasserstrahl auf diesen Bereich. Allerdings hatte das nicht die erwartete Wirkung. Der Einsatzleiter bemerkte, dass es im Haus zunehmend heißer und stiller wurde. Er befahl seinen Leuten, das Haus sofort zu verlassen. Keine Minute später stürzte der Boden ein. Das
Feuer befand sich im Keller. Dieser Einsatzleiter konnte sich offensichtlich auf seine Intuition verlassen.
Dass der Einsatzleiter intuitiv die richtige Entscheidung traf, heißt allerdings nicht, dass er sich z. B. beim Kauf von Aktien oder der Wahl seiner Freunde gleichermaßen auf sein Bauchgefühl verlassen kann. Das Dokument von
Kahneman und Klein legt die Vermutung nahe, dass sich Menschen nur partiell auf ihr Bauchgefühl verlassen können und nicht bei jeder Entscheidungsfrage. Denn die drei Voraussetzungen sind bei dem Einsatzleiter nur in dessen beruflichen Umfeld erfüllt.
Voraussetzung 1: Eine hinreichend verlässliche Umgebung.
Unter „Umgebung“ verstehen Kahneman und Klein das Segment, in dem eine Entscheidung getroffen wird. Ein typisches Beispiel ist Schach. Zwar gibt es im Leben eines Schachspielers eine Vielzahl von Konstellationen und Handlungsoptionen, aber die Kette von Entscheidungen und Ereignissen ist kausal. Deshalb ist die Umgebung von Schachspielern „hinreichend verlässlich“. Als Gegenbeispiel nennen Kahneman und Klein die Welt der Fondsmanager. Die meisten gemanagten Aktienfonds schneiden schlechter ab als der Markt. Das liegt einfach daran, dass zu viele unbekannte Faktoren den Kurs einer Aktie beeinflussen und der Zufall eine sehr große Rolle spielt. Die Konstellation der Umgebung der Einsatzleiter der Feuerwehr ähnelt der der Schachspieler. Zwar treffen Einsatzleiter der Feuerwehr bei
ihren Einsätzen auf sehr unterschiedliche Situationen, aber letztendlich folgen brennende Objekte den Naturgesetzen.
Voraussetzung 2: Ein möglichst direktes Feedback auf eine Aktion.
Ein direktes Feedback ist dann gegeben, wenn der Einsatzleiter der Feuerwehr sofort sieht, wie sich seine Entscheidung auswirkt, der Schachspieler sieht, ob sein Zug erfolgreich war oder wenn der Anästhesist sieht, ob seine Intervention
die gewünschte Wirkung erzielt.
Voraussetzung 3 :Die Gelegenheit für jahrelange Übung.
Die Intuition von Schachspielern wird im Laufe der Spieljahre immer verlässlicher. Gleiches gilt für Feuerwehrleute oder Anästhesisten. Bei Fondsmanagern führt eine langjährige Erfahrung nicht zu einer höheren Treffergenauigkeit von Prognosen, weil sie einfach keine verlässliche Umgebung haben, in der man aus falschen Entscheidungen lehrreiche Rückschlüsse ziehen könnte. Der einzig mögliche Rückschluss ist, dass eine verlässliche Prognose unmöglich ist.
Fazit:
Fazit: Menschen können sich nicht pauschal in allen Lebensbereichen auf ihre Intuition verlassen. Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Gleichzeitig tun sich viele Menschen schwer, bei einer Entscheidung nicht ihrem Bauchgefühl zu folgen. Wie man Herz und Hirn in Einklang bringen kann, zeige ich im Kalenderblatt Juni.