Selbstbestätigungsfalle (Confirmation Bias)

(Rückseite Kalenderblatt August)


Einstein wird der Satz zugeschrieben, wonach es leichter sei, ein Atom zu zertrümmern, als ein Vorurteil. Der Confirmation
Bias gilt als zentraler Denkfehler, der auf andere Denkfehler wie ein Katalysator wirkt.

Stellen Sie sich zwei Gruppen von Menschen vor. Die Mitglieder von Gruppe 1 sind davon überzeugt, dass die Todesstrafe keine abschreckende Wirkung hat. Die Mitglieder der Gruppe 2 glauben das Gegenteil. Nun bitten Sie
jedes Mitglied beider Gruppen zwei Studien zu lesen. Die eine Studie „beweist“ anhand von empirischen Daten, dass die Todesstrafe eine abschreckende Wirkung hat, die andere „beweist“ das Gegenteil – ebenfalls anhand von Daten.
Anschließend befragst Du die Teilnehmer Deines kleinen Experimentes, wie sich die Lektüre der beiden Studien auf ihre Meinung ausgewirkt hat. Was glaubst Du kommt dabei heraus?

Eine solche Studie (1) wurde tatsächlich durchgeführt – und eine Vielzahl ähnlicher Studien. Es ist der Typ Studien, mit denen der Confirmation Bias erforscht wird. Es kommt immer wieder das Gleiche dabei heraus: Die meisten Studienteilnehmer bleiben im Prinzip bei ihrer Meinung. Mehr noch, die Lektüre der beiden gegensätzlichen Studien festigt ihre bisherige Meinung sogar. Die Studie, die die jeweils andere Auffassung vertritt, wird als methodisch unsauber und qualitativ schlecht bezeichnet — die Studie, die die eigene Auffassung bestätigt, wird gelobt.

Wir begegnen dem Confirmation Bias im Alltag in den verschiedensten Varianten und Ausprägungen. In manchen Fällen sind Menschen sogar bereit, für ihre Überzeugungen zu sterben. Man muss aber gar nicht in die Welt des Terrorismus eintauchen, um dem Effekt in diesem Ausmaß zu begegnen. So tragen Ideologien dazu bei, dass Menschen z.B. Therapien ablehnen, die Leben retten würden. Der Confirmation Bias beeinflusst auch unsere Wahrnehmung. Das kann man sehr gut bei Fußballspielen beobachten. Begeht ein Spieler der Mannschaft A ein Foul, das mit einer gelben Karte geahndet wird, pfeifen ihn die Fans von Mannschaft B aus, während die Fans von Mannschaft A den Schiedsrichter auspfeifen, der dieses „harmlose“ Foul viel zu streng bestraft hat. Jeder hat das Gleiche gesehen, aber doch etwas anderes wahrgenommen (für „wahr“ genommen). Das endet nicht selten in Schlägereien zwischen rivalisierenden Fangruppen.

Diese Beeinflussung der Wahrnehmung führt im Alltag dazu, dass wir

  • uns in Umgebungen bewegen, in denen unsere Auffassung immer wieder bestätigt wird,
  • Dinge nicht sehen oder übersehen, die unseren Überzeugungen im Wege stehen und
  • uns bevorzugt mit Informationen versorgen, die mit unserem Weltbild konform sind.

(1) Loyd, C. B., Spilker, B.: „The Influence of Client Preferences on Tax Professionals? Search for Judicial Precedents, Subsequent Judgments and Recommendations“, The Accounting Review