Trainiere Deine Schlagfertigkeit
(Rückseite Kalenderblatt Dezember)
Wir neigen dazu, Menschen zu bewundern, die scheinbar auf alles eine spontane und dazu auch noch kluge und oder witzige Antwort haben. Es mag solche Naturtalente geben, aber man kann sich diese Fähigkeit auch antrainieren. Zumindest für Teilbereiche des Lebens. Bevor ich Dir mein “Schlagfertigkeitsmodell” vorstelle, möchte ich Dich mit dem Rekognition-Primed-Decision-Making Modell (RPD) vertraut machen. Es wurde von dem amerikanischen Psychologen Gery Klein entwickelt. Klein untersuchte im Rahmen einer Studie, wie die Einsatzleiter der Feuerwehr Entscheidungen unter hohem Zeitdruck treffen. Die Erkenntnisse dieser Studie waren die Grundlage zur Entwicklung des Modells.
Im Kern sagt das RPD-Modell, dass einem Entscheider in einer Situation, wo nur Sekunden bleiben, um eine gute Entscheidung zu treffen,
eine Option “in den Sinn” kommt. In den Worten des amerikanischen Sozialwissenschaftlers und Nobelpreisträgers Herbert A. Simon: Die
Situation liefert einen Hinweisreiz; dieser Hinweisreiz gibt Zugang zu Informationen, die im Gedächtnis gespeichert sind.
Wie gut die Option geeignet ist, das gewünschte Ziel zu erreichen, hängt demnach davon ab, wie viel Erfahrung der Entscheider mit Problemen ähnlicher
Art hat. Nach Simon ist Intuition nichts anderes als “Wiedererkennen” (vergl. Kalenderblatt Februar – Rekognitionsheuristik). Diese Erkenntnis drückt sich auch in der Bezeichnung von Kleins Modell (Recogniton-primed = auf Wiedererkennung basierend) aus.
Zurück zum RPD-Modell. Dem Entscheider kommt also eine Option in
den Sinn. Im ersten Schritt simuliert er, ob die Option den gewünschten
Effekt bringen kann. Kommt er zu dem Schluss, dass die Option
so nicht funktioniert, modifiziert er die Option gedanklich und spielt
den Effekt erneut durch. Erst wenn er dann zu der Erkenntnis kommt,
dass diese Option nicht funktioniert, durchläuft er den gleichen
Prozess mit einer anderen Option. Das Ganze passiert innerhalb von
Sekunden.
Auch im Dialog müssen wir schnelle Entscheidungen treffen. Insofern kann uns das RPDModell helfen, unsere Schlagfertigkeit zu trainieren. Ein Beispiel: Ein ungeduldiger Patient, dem die Abläufe an der Rezeption einer Arztpraxis zu langsam erscheinen, sagt: „Sie hätten bestimmt einen tollen Job, wenn nicht dauernd irgendwelche Patenten stören würden“ (= Impuls). Die Dame an der Rezeption, nennen wir sie Lisa, reagierte genervt.
Die Folge war ein Wortwechsel, der beiden die ohnehin angeschlagene Laune kräftig verdarb. Am Ende des Tages wandte Lisa das Schlagfertigkeitsmodell
an und schrieb die Antwort, die ihr am besten gefiel, in Ihr Schlagfertigkeitsnotizbuch.
Mit diesem Verfahren kommst Du Schritt für Schritt zu einer Liste von „guten“ Reaktionen, z. B. in den Kategorien “Konflikte vermeiden”, “keine Gelegenheiten mehr verpassen” oder “sich Menschen zum Freund machen”.
Nach und nach wirst Du feststellen, dass das Schlagfertigkeitsmodell Dir hilft, in kniffligen Gesprächssituationen die beste Option ins Gedächtnis zu rufen. Mit dem Training schaffst Du die Grundlage für eine effektive Anwendung der Rekognitionsheuristik im Dialog.